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Update Klage nach Art. 105 Fusionsgesetz gegen die UBS: Replik eingereicht

In der am 28. August 2024 vom Schweizerischen Anlegerschutzverein (SASV) eingereichten Replik wird deutlich, dass eine eingehende gerichtliche Prüfung des Umtauschverhältnisses und die damit einhergehende Einholung eines gerichtlichen Gutachtens zum Wert der Credit Suisse per 19. März 2023 unumgänglich sind, um die Rechtsstaatlichkeit zu bewahren. Dafür wurden als Ergänzung zur Replik zwei Gutachten eingereicht. Das Rechtsgutachten erachtet es als notwendig, die Credit Suisse zum Fortführungswert und unter der Berücksichtigung der beschlossenen Fusion zu bewerten, bei welcher die Synergieeffekte der Fusion auch den CS-Aktionären zugute kommen müssen. Das auf öffentlich zugänglichen Informationen basierende Bewertungsgutachten kommt zum Schluss, dass der Wert der Credit Suisse weit über dem von der UBS gezahlten Übernahmepreis von rund CHF 3 Milliarden lag.


Am 28. August 2024 hat der Schweizerische Anlegerschutzverein im Verfahren gegen die UBS nach Art. 105 Fusionsgesetz (FusG) die Replik fristgerecht eingereicht.

In der gemeinsam mit der in Zürich ansässigen Anwaltskanzlei Niedermann Rechtsanwälte verfassten Replik weisen wir insbesondere auf die Notwendigkeit einer gerichtlichen Prüfung des Umtauschverhältnisses hin. So werden bei einer «gewöhnlichen» Fusion umfangreiche Unternehmensbewertungen vorgenommen und sowohl ein Fusions- als auch ein Prüfbericht erstellt. Letzterer wird «gewöhnlich» der Generalversammlung zur Abstimmung vorgelegt. Diese im Fusionsgesetz vorgesehenen Schutzmechanismen sollen die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses gewährleisten. Im Rahmen der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wurden diese Mechanismen per Notverordnung ausgeschaltet, weshalb das Umtauschverhältnis bis heute von keiner unabhängigen Stelle geprüft wurde. Eine eingehende Prüfung des Umtauschverhältnisses durch das Handelsgericht ist vorliegend daher dringend angezeigt.

 

Im Unterschied zu den zuvor erwähnten Schutzmechanismen wurde die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung des Umtauschverhältnisses nach Art. 105 FusG in der Notverordnung gerade nicht ausgeschlossen. Offenbar waren die involvierten Behörden der Ansicht, dass eine solche gerichtliche Prüfung unter den beschriebenen Umständen auch – bzw. erst recht – möglich sein sollte. Auch aus rechtsstaatlicher Sicht gebietet sich damit eine eingehende gerichtliche Prüfung des Umtauschverhältnisses.

 

Um das angemessene Umtauschverhältnis zu bestimmen, ist eine umfassende Unternehmensbewertung der Credit Suisse und der UBS per 19. März 2023 notwendig. Dabei ist anzuerkennen, dass bei der Bewertung der involvierten Gesellschaften sämtliche relevanten Umstände zu berücksichtigen sind. Dazu zählen neben der Tatsache, dass zum Bewertungszeitpunkt, dem 19. März 2023, die Fusion bereits beschlossen war, auch die absehbaren Folgen der Fusion. Ergeben sich aus der Fusion etwa Vorteile für eine oder beide Gesellschaften, wovon in der Regel auszugehen ist, so sind diese bei der Unternehmensbewertung anteilsmässig zu berücksichtigen. Dasselbe gilt für absehbare Synergien, die sich aus der Fusion ergeben.

 

In einem Urteil aus dem Jahr 2007 hat das Kantonsgericht Graubünden diesen Grundsatz unter Hinweis auf die juristische Lehre wie folgt festgehalten:

 

«Darunter [unter die zu berücksichtigenden Umstände] fallen die mittel- und längerfristigen geldwerten Entwicklungspotentiale, die sich aus der Umstrukturierung ergebenden Synergien, Reduktion redundanter Betriebskosten, Entwicklung neuer Geschäftsfelder, die proportionale Aufteilung einer fusionsbedingt angenommenen Erhöhung des Mehrwerts auf die Fusionspartner und überhaupt alle wertmässig festlegbaren tatsächlichen Gegebenheiten der Umstrukturierung (Dieter Dubs, Basler Kommentar 2005, N 15 f., 20 zu Art. 105 FusG; Eugster, a.a.O., N 96-101).» (KGer GR PZ 07 99 vom 16. August 2007)

 

Mit anderen Worten: Entscheidend ist letztlich, was die Credit Suisse am 19. März 2023 als zukünftiger Teil der UBS wert war. Dieser Wert dürfte wesentlich höher sein als der isoliert betrachtete Wert der Credit Suisse am Freitag, 17. März 2023 in Höhe der Marktkapitalisierung von CHF 7.4 Milliarden; und damit um ein Vielfaches als die bezahlten rund CHF 3 Milliarden. Denn das Geschäft der Credit Suisse gewann mit Unterzeichnung des Fusionsvertrags und der damit verbundenen Unterstützung des Bundesrats (zusätzliche Liquiditätshilfen, staatliche Ausfallbürgschaft, Garantie an die UBS von 9 Mrd. CHF für potenzielle Verluste aus Risiken im Zusammenhang mit der Transaktion) schlagartig an Wert, da der Vertrauensverlust, unter dem die Credit Suisse litt, dadurch wegfiel. Auch haben sich aus der Fusion zahlreiche Synergien ergeben, wie die UBS selbst verschiedentlich ausgeführt hat.

 

Bestätigt wird dies durch die verfügbaren Zahlen: Sowohl der von der UBS verbuchte Badwill von rund USD 34.8 Milliarden als auch der seit der Fusion stetig gestiegene Börsenkurs der UBS deuten darauf hin, dass die Credit Suisse als zukünftiger Teil der UBS deutlich mehr wert war als die bezahlten rund CHF 3 Milliarden. Unter dem Fusionsgesetz haben die Credit Suisse-Aktionäre, genauso wie die UBS-Aktionäre, ein Recht darauf, am durch die Fusion bewirkten Mehrwert zu partizipieren.

 

Gemeinsam mit weiteren Klägergruppen hat der SASV ein Rechtsgutachten durch Prof. Dr. iur., LL.M. Harald Bärtschi zum Umtauschverhältnis bei der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS erstellen lassen. Zudem wurde durch eine auf Unternehmensbewertungen spezialisierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eine Bewertung der Credit Suisse gestützt auf öffentlich zugängliche Informationen vorgenommen. Die ermittelten Werte bewegen sich je nach Bewertungsmethode zwischen CHF 2.30 und CHF 9.17 pro Aktie. Dem SASV ist bewusst, dass diese Wertbandbreite nicht zwingend den Wert der Credit Suisse per 19. März 2023 widerspiegelt, da für eine abschliessende Beurteilung auf zahlreiche interne Informationen der Credit Suisse und der UBS abgestellt werden müsste. Diese internen Informationen liegen dem SASV nicht vor. Die ermittelte Wertbandbreite ist jedoch ein weiteres starkes Indiz dafür, dass der Übernahmepreis von rund CHF 3 Milliarden deutlich unter dem tatsächlichen Wert der Credit Suisse lag. Den tatsächlichen Wert der Credit Suisse per 19. März 2023 wird letztlich einzig ein vom Gericht beauftragter Gutachter, dem umfassender Zugriff auf sämtliche relevanten internen Informationen gewährt wird, bestimmen können.

 

Vor dem Hintergrund des Umstands, dass bis heute keine eingehende Prüfung des Umtauschverhältnisses von unabhängiger Seite erfolgt ist, und angesichts der klaren Indizien, dass der Übernahmepreis von rund CHF 3 Milliarden nicht dem tatsächlichen Wert der Credit Suisse entsprach, ist eine eingehende gerichtlich Prüfung des Umtauschverhältnisses und die damit einhergehende Einholung eines gerichtlichen Gutachtens zum Wert der Credit Suisse per 19. März 2023 unumgänglich. Ansonsten würde den Credit Suisse-Aktionäre ihr einziger verbleibender Schutzmechanismus im Fusionsgesetz faktisch entzogen, was rechtsstaatlich nicht zu rechtfertigen wäre.

 

Über den SASV:

Der Schweizerische Anlegerschutzverein (SASV) vertritt mit der Klage gegen die UBS über 2.000 ehemalige Aktionäre der Credit Suisse und setzt sich für Transparenz auf dem schweizerischen Kapitalmarkt sowie die Förderung und Durchsetzung von Anlegerrechten in der Schweiz ein. Er bezweckt die schutzwürdigen Agenden von Anlegern in Bezug auf Geldanlagen wahrzunehmen und sie hierbei auch bei der Durchsetzung ihrer gesellschaftsrechtlichen und wirtschaftlichen Interessen zu unterstützen. In diesem Zusammenhang wird der Verein auch das Vorgehen von Wertpapierbesitzern mit dem Ziel fördern, Rechte gegenüber Unternehmungen, deren Organen sowie Gross- und Mehrheitsaktionären durchzusetzen. Dazu zählen Sonderprüfungen, Verantwortlichkeitsklagen gegen das Management auf Schadenersatz wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung oder wegen Verfolgung von Eigeninteressen. Somit soll zum Schutz von Anlegerrechten ein Gegengewicht zum Verwaltungsrat und Grossaktionären von börsenkotierten Gesellschaften gebildet werden. Ziel ist es, für gute Corporate Governance und Transparenz auf dem schweizerischen Kapitalmarkt zu sorgen. Der SASV ist gemeinnützig und nicht auf Gewinn ausgerichtet.

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